8. Tag (Samstag, 27.07.2019)
Von Gueberschwihr zur Johann Tullius Weinkellerei, 55566 Bad Sobernheim
Hallo Rosa!
Schön, dass du mich heute, am vorletzten Tag der Pilgerreise begleitet hast!
Ja, ja ich weiß, anfangs war es etwas gewöhnungsbedürftig – Pilgern mit PS im AUTO???
Glaub mir, das war es für mich auch - aber leider kam die Hexe über Nacht und am Morgen der Abreise konnte ich meinen Kopf nicht mehr drehen.
So entschloss ich mich schweren Herzens – um mich und andere nicht zu gefährden – nicht mitzufahren. Alles gepackt – Motorrad topfit – nur ich nicht! Die Enttäuschung war groß – nicht nur bei mir, auch bei Wolfgang, Sabine und Werner.
Aber – nachdem es mir im Laufe des Wochenendes mit viel Ruhe immer besser ging, hatte ich die Idee, den Pilgern mit dem Auto zu folgen – und Wolfgangs Freude zu dieser Idee war dass das letzte „Zünglein an der Waage“.
Unterwegs nach „La Haie des Vignes“ wo ich die anderen treffen wollte, kamen mir auf den 435 km aber wieder Bedenken: war der Entschluss richtig? Wie würde ich mich fühlen als „Dazugekommene“? Wie die Tage alleine im Auto verbringen? Würde ich auch Teil der Gruppe sein können, wenn die anderen voll mit schönen Erlebnissen, tollen Strecken und Impulsen abends eintreffen würden? Wie würde ich alleine in Frankreich mit meinen spärlichen Französisch-Kenntnissen zurechtkommen? Würde ich die Ziele auch finden und mit meinem neuen Navi zurechtkommen? ...die Liste war lang…und…und…und… Zwischendurch? Überwogen meine Sorgen und Ängste die Freude über meinen Entschluss. Aber – ich wollte ja unbedingt nach Vézelay – diesem wunderbaren spirituellen Ort!
Und es hat sich gelohnt – von Anfang an habe ich mich als Teil der Gruppe gefühlt, der herzliche Empfang am ersten Abend hat mich sehr berührt. Peter sagte vorgestern, das sei doch selbstverständlich – das finde ich nicht, ich habe es als Geschenk erlebt und dafür danke ich euch!
Heute habe ich nach gefühlten 500 Kreisverkehren, davon drei auf der Autobahn in Frankreich – das letzte Ziel unserer Pilgertour erreicht, das Weingut Tullius. Toll hier!
Zweimal habe ich unterwegs Conny´s Gruppe getroffen – klar habe ich mir dann auch eher wieder mein Motorrad unterm Popo gewünscht – aber meinem kleinen Auto haben die Kurven in den Vogesen auch gefallen!! (Die nächste Pilgertour wünsche ich mir aber natürlich unbedingt wieder mit dem Motorrad).
Ich bin sehr froh, dass ich mich auf den Weg gemacht habe – alleine und mit euch!
Eine Geschichte hat mich in diesen Tagen besonders begleitet; die von den zwei Wölfen:
Ein alter Indianerhäuptling erzählt abends am Lagerfeuer seinem Enkel folgende Geschichte:
Mein Sohn, in jedem von uns tobt ein Kampf zwischen zwei Wölfen: der eine Wolf kämpft mit Angst, Sorgen, Ärger, Neid, Selbstmitleid, Egoismus und Missgunst.
Der andere mit Liebe, Freude, Hoffnung, Gelassenheit, Dankbarkeit und Vertrauen – in sich und andere. Der Enkel fragt: „Großvater, und welcher Wolf gewinnt?“ Der Häuptling antwortet: „Der, den du fütterst“…
Ute