4. Tag (Dienstag, 18.08.2020)
Vom Rosenbusch zum Hotel Ehrl, Altessing
Der vierte Tag unserer Pilgerreise: Nach einer regenfeuchten Nacht (es sollte immer nur nachts regnen) ein gutes Frühstück und der neue Zündfunken: es gibt Neues auf der Weiterreise! Heute keine Rundfahrt, sondern eine Weiterfahrt. Wir nähern uns Ecken in Deutschland, in denen ich noch nie gewesen bin. Die Geographie ist mir fremd und wenn ich zu Hause bin, möchte ich mir die ganze Strecke in Ruhe auf der Karte anschauen. Vorher bin ich leider nicht dazu gekommen. Ich bin verwundert über die vielen kleinen guten Straßen, auf denen kaum jemand unterwegs ist. Gefühlt 2 Stunden sind wir auf einer Hochebene (in Mittelgebirgen, die Ebene war circa 420-430 m hoch ) gefahren, bis uns ein Auto begegnet ist.
Es ist ein normaler Werktag, wo sind die Menschen alle? Diese Ebene weckte in mir das Verständnis für die Menschen, die dachten, die Erde sei eine Scheibe. Erstmals hatte ich das Gefühl, mich in einer riesengroßen Käseglocke zu befinden. Die Glocke - der Himmel - wirkte viel größer als die Scheibe, es sah für mich nicht so aus, als ob Himmel und Erde sich berühren würden. Dazu trugen die ausdrucksstarken Wolken bei. Vor einem sehr blauen Hintergrund gab es dicke weiße bis graue Wolken, ich sah einen Riesen, der seine Hände in Boxposition vor sich hielt. Vor ihm, von ihm abgewandt, lag ein großer Pudel und vor dem Pudel eine riesige weiße, männliche Sphinx mit einem Rauschebart wie Karl Marx ihn hatte. Diese Figuren wurden abgelöst von vielen anderen. Ich empfand es als faszinierend.
Einige Gedanken habe ich mir bei allen Beobachtungen auch zum Thema „Neues“ gemacht. Da wir in der sehr schönen Mittagspause in der Gruppe schon ein bisschen getickert haben, fließen auch Gedanken der anderen mit ein. Neugierig möchte ich nicht sein. Das Wort hat für mich einen schlechten Klang, gierig nach Neuem oder Neuigkeiten, mir gefällt eher wissensdurstig. Neues ist für mich etwas was Altes ergänzt oder ersetzt. Es ist erst mal unbekannt, ich muss und möchte mich damit auseinandersetzen, ausprobieren spielen, es anzunehmen oder es verwerfen. Dem Spruch: das haben wir schon immer so gemacht und jetzt machen wir es auch weiter so finde ich furchtbar. Was nicht heißt, dass Altes nicht auch gut ist oder sein kann. Das ist darum „altbewährt“.
Auch Traditionen können gut sein, aber ich möchte Einfluss darauf nehmen können, was ich behalten möchte und was ich durch Neues ersetzen oder ergänzen will. Meine letzte große Erfahrung mit neu ist das Coronavirus und da hätte ich gut drauf verzichten können, wie die überwältigende Mehrheit meiner Mitmenschen auch. Aber Corona ist nicht nur schlimm. Es hat bei mir im gesamten Team einen großen Zusammenhalt hervorgerufen. Jeder steht für den anderen ein und unterstützt sie. Nur schade, dass es Corona dafür brauchte. Neu heute war, dass wir fast keine zusätzlichen Runden gefahren sind. Sie war so klein, dass wir sie fast nicht bemerkten. Die von den anderen Tagen sind lange abgegolten. Altbewährt ist, dass wir bisher nicht nass geworden sind während der Fahrt. Das möge bitte so bleiben. Und altbewährt ist auch, dass wir das Fahren, die Natur, die Gemeinschaft, die ganze Pilgerreise als Geschenk Gottes entgegennehmen dürfen!
Elisabeth