9. Tag (Sonntag, 13. September 2020)
Heimfahrt
Guten Abend – Punkt – he, ich rede mit Dir, ja mit DIR PUNKT.
Das war noch nicht der Punkt vom Ende. Das wäre zu einfach und würde Dir nicht gerecht werden.
Wir kennen uns noch nicht so richtig. Oder besser gesagt, ich kenne Dich seit ein paar Tagen, aber Du mich wohl noch nicht.
Du musst wissen, ich bin ein stiller Verehrer von Dir. Jeden Morgen zum Zündfunken warte ich gespannt auf den Eintrag eines Mitpilgers mit seinen Schilderungen, Eindrücken und Gedanken zum Vortag. Jedesmal überrascht und erfreut mich der Vortrag mit den Erinnerungen und Darstellungen aus einem anderen Blickwinkel mit ganz eigenen Beobachtungen und Empfindungen. Diese Vielfalt an Kreativität ist jeden Tag riesig!
Aber wie muss es Dir erst gehen? Du verbringst den ganzen Tag umhüllt von einer Plastiktüte in irgendeiner Packtasche oder Koffer, gequetscht von Wäsche in vollkommender Dunkelheit. Du wirst durchgeschüttelt, kommst den ganzen Tag nicht einmal ans Licht und wirst überhaupt nicht beachtet. Erst spät am Abend wirst Du von einer/einem Dir unbekannten Pilger wieder hervorgeholt, um Dir ihre/seine Tagesgeschichte zu erzählen.
Da möchte ich nicht mir Dir tauschen. Ich kann Dir allerdings eines versichern. Diejenigen, die Dich in ihrem Gepäck mit sich führen, denken den ganzen Tag an Dich und das, was sie Dir wohl am Abend anvertrauen wollen.
Du bist in Gedanken immer mit uns, unter uns und damit ein ganz wichtiger Begleiter und Bestandteil unserer Pilgertour gewesen!
Mit der letzten Übernachtung in Saalfeld endet heute die eigentliche Pilgerreise mit PS unter der Überschrift „Spurensuche“.
Eine kurzweilige Woche liegt hinter uns. Durch Au- und Abreise war die Gesamtstrecke für viele ganz ordentlich lang. Sie enthielt viele sehr schöne Streckenabschnitte, aber auch zähe und langatmige Passagen in denen sich Dorf an Dorf anreihte. Aber auch das gehörte zur Er-„fahrung“ Schlesiens dazu und bereichert den Erfahrungsschatz. Die Straßenqualität ließ gelegentlich leider etwas zu wünschen übrig und ist deutlich ausbaufähig. Da es dazu wohl keinen Qualitätskatalog gibt, wird dies auch zukünftig zu den Überraschungsmomenten einer solchen Tour gehören. Die Anzahl an der durch Baustellen gesperrten Strecken macht hier Hoffnung. Wenn sich allerdings innerhalb einer durch Baustelle erzwungenen Umleitung eine weitere Baustelle mit Umleitung auftat, stellte dies unsere Tourguides gelegentlich vor zeitraubende Herausforderungen und kleine Zwangspausen zur Orientierung und Korrektur der Navigation. Mit etwas Kreativität, Geduld und „wenden auf engsten Raum“ in der dritten Sackgasse, tat sich dann doch immer der Lösungsweg auf und führte uns, wenn auch über Umwege, alle rechtzeitig zum Essen ans tägliche Etappenziel.
Gestern Abend wurde nach dem Essen ein letztes Mal beim „Nachtickern“ über den Tag, die Strecke und das Tagesthema geredet und Gedanken ausgetauscht. Es wurde über die zurückliegende Woche resümiert und ein überwiegend positives Fazit gezogen. Da die Teilnehmer der Tour z. T. aus unterschiedlichen Richtungen kamen, wurde bei guter Laune bereits verabredet, wer mit wem den letzten Streckenabschnitt nach Hause zusammenfährt.
Meine Verabredung gen Heimat über Landstraßen waren Daniela und Tim. Tim hatte hierzu bereits etwas vorbereitet, dem ich mich gern anschloss. Da uns die Länge der Strecke wohl bewusst war, kamen die ganz kleinen Straßen heute nicht so oft zum Zuge. In zügiger Fahrt führte uns die Tour, von kleinen Pausen unterbrochen, daher über gute bis sehr gute Straßen westwärts in südlicher Tangente zum bekannten Revier des Sauerlandes.
Das Wetter war genial, was zig andere Motorradfahrer, die uns begegneten, wohl auch so sahen. Aber selbst hier blieben wir von baustellenbedingten Umleitungen nicht verschont, was die Länge der Strecke nicht positiv beeinflusste. Von den vielen schönen Kurven war ich allerdings so benommen und schwindelig gefahren, dass mir das gar nicht so auffiel und ich glatt den rechtzeitigen Absprung nach Norden verpasste. Somit stand ich „plötzlich“ vor der A45. Hier gab es keinen Zweifel mehr.
Dies ist das Ende einer eindrucksvollen, erlebnisreichen und ertragreichen Woche, die noch einiges mehr außer Motorrad zu bieten hatte. Und das in super guter Gesellschaft.
Ach ja, Thema des heutigen Zündfunkens für die Heimfahrt war
„Danksagung“
Am Ende einer solchen Woche, die hätte auch ganz anders oder auch gar nicht verlaufen können, fallen mir unzählige Begebenheiten, Begegnungen und vor allem auch Akteure ein, auf die dieser Begriff anwendbar wäre und einfach so daher gesagt, nicht das zum Ausdruck bringen würde, was einem das alles im Herzen bedeutet hat.
Auf der anderen Seite könnte man unter dieser Überschrift an dieser Stelle auch ganz filmtypisch einen Abspann aller daran beteiligten Akteure laufen lassen. Aber das würde vermutlich hier den Rahmen sprengen.
Von daher mache ich hier (den) Schluss – PUNKT – „Punkt.
Werner